Die kleinen Details sind hinreißend und verdienen das genaue Hinschauen: die Schnürsenkel, die sich zu flügelschlagenden Vögeln verselbständigen, als solche vom Boden aufsteigen und über der Empore in den Kinosaal schweben. Das grüne Tennisfeld mit dem schlaff durchhängenden Netz und den hellgrünen Bällen mit unterschiedlichen Textaufschriften. Der Sand mit den Zigarettenstummeln in dem einen Halbschuh und das Spiegelei auf dem anderen Schuh. Und auf dem zuckersüßen weichen Spray an der großen Stirnwand, weit über Kopfhöhe, das Häuschen, das eine Heimatstatt für die Vögel sein könnte. Spiel, Heiterkeit und Unbeschwertheit sind wie vom Urlaubsstrand hierher geweht … Die großen Gefühle werden in „ONLY LOVERS LEFT“ gefeiert, mitsamt der Übersteigerung ins Surreale und Absurde und dann der Rückkehr ins konstatierende Beobachten und in die sentimentale Erinnerung.
Von Margarete Jakschik stammen die Fotografien. In s/w- und Farbabzügen und als Archivpigmentdruck verdichten sie Erlebnisse zwischen euphorischer Liebeserklärung und Melancholie oder sind lapidare, sorgsam gesehene und im Bildfeld organisierte Notate, Schnipsel möglicher Erzählungen. Von Friedrich Kunath stammt – multimedial – alles andere. Die zwei Einzelausstellungen verschränken sich zu einer Gemeinschaftsausstellung des Künstlerpaars, das die Räume gemeinsam komponiert hat und bei den Werken aufeinander reagiert. So hat Kunath einzelne Fotografien von Jakschik, die sich mit der Romantik als Moment des Erlebens und lokalem Topos auseinandersetzen, „nach“-gemalt und dadurch den autobiographischen Klang verstärkt.
Beide wurden 1974 geboren, Jakschik in Ruda Slaska in Polen und Kunath in Chemnitz; Jakschik hat an der Düsseldorfer Kunstakademie in der Fotoklasse studiert, und Kunath an der HdBK in Braunschweig in der Klasse von Walter Dahn. 2007 ist das Paar von Köln nach Los Angeles ausgewandert, hält aber den Kontakt zur Heimat und bleibt mit Ausstellungen präsent. Ein Leitmotiv der Düsseldorfer Schau ist diese Differenz zwischen den USA, im besonderen Kalifornien, und Deutschland, der Umgang mit Klischees und Kitsch und den Sehnsuchtsmotiven hier und da, mit Tiefe und Oberfläche, Erinnerung und Gegenwart. Punktuell scheint das Aufwachsen in der DDR bei Friedrich Kunath auf, besonders im Seitenlichtsaal in einem Glaskasten, der sich, verstärkt durch den Sound und mit seinen Videos, zum plastischen Gemälde einer Generation verdichtet. Wie überall in dieser Ausstellung sind prägende Spuren festgehalten, flüchtige Impressionen, die einen nicht mehr loslassen … und plötzlich geht es, aus anderer Perspektive, genauso um uns.
ONLY LOVERS LEFT – Margarete Jakschik und Friedrich Kunath, bis 9. Juni
in der Kunsthalle am Grabbeplatz, Di-So 11-18 Uhr
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